Spielerdarstellung
- Meister: Nicolai / Sebastian
- Spieler (Toreador) Selva Gouldor: Sebastian
- Spieler (Malkavianer) Christian Johannes Michael Schneider: Flo
- Spieler (Lasombra) Lanos von Goldstein: Benjamin
- Spieler (Ravnos) Maria „Romana“ Küppers: Mira
- Spieler (Nosferatu) Tobias Rothe
- Spieler (Jünger des Seth) „Markus“: Nicolai
Chronic Speyer bei Nacht (wann sonst)
Irgendwann im Jahre 1030 (real 09.07.2007)
(Tagebuch Eintrag Selva Gouldor)
- Nachdem ich Venedig schnellst möglich verlassen habe um einen wichtigen und ruhmreichen Auftrag in Speyer anzunehmen, sitz ich nun in einem Wirtshaus in Bern. Der Vassall, welcher mich nach Speyer bringen soll, lässt auf sich warten.
- Mir gegenüber sitzt ein älterer Herr, der interessiert ein Buch liest. Mathematische Formeln sehr interessant. Bin gespannt was es mit dem Alten auf sich hat. Muss mich umbedingt mit ihm Beschäftigen. Jedoch nicht jetzt. Dafür gibt es viel zu viel Beute in diesem Lokal. Mal sehen ob ich etwas junges frisches finde.
- Hab gerade eine süße Beute gefunden, da stürzt ein dummer Bauer ins Wirtshaus. Es stellt sich leider nach einiger Zeit raus, dass er gekommen ist um mich und den alten Kauz abzuholen. Jetzt werd ich schon vom Diener des Dieners abgeholt. Eine Frechheit. Aber diese Schmach lässt sich bestimmt irgendwann vergelten.
- Die Reise war sehr interessant, der alte Kaus hat sich als Christian Johannes Michael Schreiber vorgestellt. Ein Sternendeuter und Architekt. Haben uns sehr gut unterhalten.
- Sind in Speyer angekommen, echt schöne Stadt. Ich glaub hier kann man sich wohl fühlen und seine Arbeit tun. Sind von Julius Silva (einer wichtigen Persönlichkeit vom Clan Lassombra) empfangen worden und in seinem Haus willkommen geheißen. Bin gespannt wo sich der Weinkeller befindet.
- (nächste Nacht) Ich glaub ich sollte zusehen, dass ich den Auftrag meines Herrn erfülle und das Kästchen an seinen Platz bringe. Dumm nur, dass Speyer 5 Friedhöfe hat, da muss ich wohl etwas suchen.
- (nächste Nacht) Juhu hab den Platz gefunden. Naja die Untote Hand war auch nicht zu übersehen. Und der Typ der kurz danach das Kästchen ansich genommen hat war auch ganz interessant. Werd wohl morgen nachforschen was es mit diesem Typen auf sich hat.
Irgendwann im Jahre 1030 in Speyer (real 16.07.2007)
(Tagebuch Eintrag Selva Gouldor)
- Hab meinen Auftrag angenommen und werd in den nächste Tagen in ein eigenes Haus in der Stadt ziehen. Meine Diener sollten morgen ankommen. Dann kann ich endlich an die Arbeit gehen. Aber jetzt werde ich Madame Anna aufsuchen. Bin schon gespannt die einzige halbwegs vertrauenswürdige Person in dieser Stadt kennen zu lernen.
- Madame Anna ist zauberhaft, genauso wie ihre Bilder. Ich glaube bevor ich von hier weg gehe muss ich ein paar von diesem in meinen Besitz bringen.
- ( Empfang des Prinzen ) Diese ganze Politik in der Stadt ist genauso wie überall sonst. Die Empfänge sind ziemlich langweilig und bis die Eröffnungen durchgeführt wurden, ist das Essen kalt. Wenn es welches gegeben hätte 🙂 . Wie es scheint gibt es in dieser Stadt zwei revalisiernde Gruppen vom Clan Lassombra und Brujah. Leider ist dadurch mein Auftrag etwas schwierig geworden, da mein Auftraggeben Seneschal von Waldburg vom Clan Lassombra ist, der Prinz jedoch vom Clan Brujah. Naja dann muss ich meine Arbeit eben in einem Jahr beendet haben. Weiterhin scheint es, als würden die Revalitäten eskalieren. Jetzt wurde schon jemand auf offener Straße und ohne Einhaltung der Regeln angegriffen. Naja Hauptsache ich erkenne zur rechten Zeit die richtige Seite. Weiterhin war noch eine Zigeunerin (Maria Küppers) auf dem Empfang. Gut zu wissen. Zigeuner sind immer gut, wenn man einen Sündenbock braucht. Oha, der Anführer der Stadtwache verlässt während des Empfangs den Saal. Da muss wohl etwas wichtiges im Gange sein. ( Während dessen marodiert ein heimatloser Gangrel in den Wäldern nahe der Stadt und legt sich mit der Stadtwache an. Mal sehen wie das ausgeht.)
- Habe Madame Christine kennen gelernt. Sie ist mit Vorsicht zu behandeln. Aber wenn man etwas nicht ganz legales braucht, ist Sie anscheinend der richtige Ansprechpartner.
- Bin mit Christine auf den Friedhof zurück gekehrt um die Gruft auszumachen. Sie fand meine Geschichte von der Hand sehr interessant. Leider ist unsere Nachforschung an einem zu kleinen Schacht im Erdboden gescheitert. Ich konnte aber ganz deutlich einen unterirdischen Flusslauf hören. Christine hat mir erzählt, dass etwas ausserhalb der Stadt eine alte Mühle stehen soll. Dort werd ich wohl meine Suche weiter führen. Naja jetzt sollte ich aber mit meiner Arbeit beginnen.
Irgendwann im Jahre 1030 in Speyer (real 25.07.2007)
(Tagebuch Eintrag Selva Gouldor)
- Jetzt heißt es erstmal das Haus her zu richten und die ersten Modelle zu entwerfen.
Turbulente Zeiten
(Gedanken einer Ravnos ohne fahrendes Volk)
Ich weiß gar nicht mehr, wie die Geschichte diese unerwartete Wendung genommen hat – jedenfalls hat sich an Selvas Lebensumständen in den letzten Tagen und Wochen einiges geändert. Ob er sich dessen wohl bewusst ist?
Was war denn nochmal der Anklagepunkt gewesen… Ach ja, wir wurden aus unseren ungeheuer ergiebigen Nachforschungen gerissen, insbesondere über die Mühle östlich der Stadt, durch die Tatsache, dass Selva Gouldor von der Stadtwache festgesetzt wurde. Ihm wurde vorgeworfen, zwei Stadtwachen „manipuliert“ zu haben, bei denen wir einen Gefangenen abgeliefert hatten und die diesen kurz darauf exekutiert haben. Wir hatten den Mann nach Observierung der Mühle (wo wir einige offenbar Untote entdeckt haben und diesen Dank einer Krähe entwischen konnten) in den Hügeln östlich der Stadt entdeckt, wobei er uns offenbar beobachtet hatte. Selva war unerwartet schnell gewesen und hat ihn eingefangen; zum Glück konnte ich verhindern, dass er und Gunt ihn gleich zu Mus verarbeiteten. Jedenfalls brachten wir den armen Jungen zur Stadtwache, wo er offenbar umgehend sein Unleben verloren hat – denn es handelte es sich wohl um einen Kainsbruder, wie die Anklage vorbrachte.
So fanden wir uns denn am kommenden Tage als Zeugen der Anklage bei einer Gerichtsverhandlung vor dem Prinzen wieder, ausgehorcht vom misstrauischen Scheriff, aufgerufen, die Wahrheit zu sagen. Welche Wahrheit? Wie konnten wir den fröhlichen Toreador belasten, hat er sich doch sonst viel eher für Kunst als für Intrigen oder Gewalt interessiert? Wir konnten ihm wirklich nichts anlasten. Doch der Ankläger, Primus der Nosferatu, hatte Mme. Anna als Zeugin mitgebracht, die ihn schwer belastete. Und offenbar log, das sah man ihr an.
Es sah nicht sehr gut aus für Selva, als das Schicksal seine Hand erhob und die Zerstörung begann. Die Türen wurden plötzlich aufgesprengt und ein finsterer, bärtiger, großer und offenbar sehr alter Mann betrat den Saal. Noch bevor die Wachen oder unsere Brüder reagieren konnten, erhob er seine Hand und alle im Raum befindlichen Fackeln explodierten förmlich und alles brannte lichterloh. Rötschreck! Ich sah noch, wie der Mann auf den Prinzen zuging und etwas zu ihm sagte, da war ich schon zur Tür hinaus, aus dem Gang, die Treppe hinunter, erst im Hof kam ich zur Besinnung.
Das ganze Schloss brannte! Ich traf dann auch den werten Christian im Hof, der mir noch viel Erstaunlicheres berichtete. Doch die Zusammenhänge konnten wir erst später, gemeinsam, erschließen. Jedenfalls brannte in dieser Nacht das ganze Schloss und – trotz der Sklavendienste der Bevölkerung – die halbe Oberstadt ab. Ich half ein wenig bei der Bergung Verwundeter, des Images wegen. Gunt trieb erst Menschen zum Schloss und dann wieder zurück, ich habe das nicht verstanden. Jedenfalls erzeugte er zusätzliche Panik. Genauso wie ein angeblicher Leprakranker, der wohl in der Unterstadt herumgeisterte.
Am nächsten Tag wurden wir zum Seneschall Mathias von Waldburg gerufen, der jetzt anstelle von Prinz Gregorius von Speyer die Stadt von seinem Familienstammsitz aus verwaltete. Der Prinz musste wohl umgehend nach Spanien abreisen. Er hat uns aufgetragen, den Spuren Selvas zu folgen und Informationen zu sammeln. Er ist dem Feuer entronnen und wurde zuletzt in den westlichen Wäldern gesehen. Leider musste ich erfahren, was ich längst schon gespürt hatte: mein Alfred war in den Flammen gestorben. Außerdem erfuhren wir bald, warum uns zu verstehen gegeben worden war, den Zigeunern fernzubleiben. Denn als ich später dort vorbeischaute, war der Platz verheert und kaum noch jemand am Leben. Es war wie immer – bricht eine Seuche aus oder ein Großfeuer, dann warens die Fahrenden oder die Juden, ganz klar. Auch diesmal war es so. Zwischen den Trümmern meiner ehemaligen Behausung fand ich Eva, das letzte Mitglied meiner kleinen Herde und nahm sie mit in die Stadt. Denn geizig war er nicht, der Seneschall. Er gab mir ein kleines Haus im nun leerstehenden Judenviertel, komplett eingerichtet. Später lieh er mir einen seiner Ghule, den Silvio, bis ich mir selbst Ersatz geschaffen hätte. Auch durfte ich mich bei Mme. Anna durchfüttern lassen, nun ja, auch wenn das Blut, das sie ausgibt, seit dem gestrigen Tage einen schalen Geschmack hinterlässt. Aber das ist Politik…
In den folgenden zwei Tagen haben wir den Wald nach Spuren untersucht, in Bibliotheken geforscht und auch dieser ominösen Mühle noch einmal einen Besuch abgestattet. Wir haben die Orte der Gefangenschaft gefunden und untersucht und uns dabei unbeliebt gemacht, weil Gunt unbedingt Tierversuche mit dem Lieblingshund des Seneschalls in lebensfeindlichen Zonen machen musste. Mit dessen Hilfe konnten wir ein dämonisches Artefakt, eine Art zu Glas geschmolzenen Sand, im Staube der Kreuzung vor dem Schloss der Waldburgs entdecken. Wir fanden tatsächlich ein Taschentuch Selvas im Wald, sowie einen eigenartig geformten Fußabdruck mit nur drei Zehen auf dem Weg zu Gunts neuer Höhle. Dort war offenbar, in einer Kammer am hintersten und untersten Ende, nur durch einen Schacht und einen lebensfeindlichen, finsteren Tunnel erreichbar, das jahrhundertelange Gefängnis eines Mannes gewesen. Wir fanden dort zwei blutleere Kühe im Vorraum und die Überreste geborstener Fesseln auf einer Grabplatte im Innern. Dank der Wappen konnten wir den Bewohner später identifizieren. Gunt und Christian erzählten auch von ihren Beobachtungen kurz vor dem großen Brand: Gunt ist bei einem Streifzug durch das dunkelste Ende des Judenviertels durch die Straßendecke gebrochen und in einem alten Schacht gelandet, wo ihm als Wanddekoration Schädel und Knochen entgegengrinsten, schön aufgereiht wie in einem Beinhaus. Der Gang dahinter führte ebenfalls zu einem Portal und einem lebensfeindlichen Tunnel, den er schließlich überwinden konnte. Auf der anderen Seite endete dieser in einer kleinen Grotte, wo ein Mann mit schweren, alten Eisenketten an die Wand geschmiedet war. Während er sich noch überlegte, ob es klug sei, ihn zu befreien, sprengte er seine Fesseln und rannte heulend an Gunt vorbei zum Ausgang. Christian beobachtete, dass dieser wilde Mann aus dem Loch sprang, die Straße hinunterlief und in einem Haus verschwand. Kurzentschlossen ging er ihm nach, öffnete die Haustür und sprang dem Manne nach in einen Riss, der sich durch die Realität zog und auf der anderen Seite im Korridor vor dem großen Saal des Schlosses endete.
Hach, wo habe ich meinen Kopf! Ich habe noch gar nicht vom Phänomen der roten Zwillingssterne berichtet, die seit Tagen am nächtlichen Himmel zu sehen waren und Unheil versprachen. Die Menschen betrachteten sie argwöhnisch, sahen, wie sie jede Nacht deutlicher und größer wurden und riefen den Herrn um Schutz an. Auch Christian befasste sich damit und tatsächlich führte ihr Licht ihn in der besagten Nacht zum Kerker des wilden Mannes, wo er die beschriebenen Beobachtungen machte. Der gelehrte Kollege konnte auch herausfinden, dass es sich bei dem gefundenen Wappen um das des Königs Sanos Robinius handelt, eines Königs, der vor Gregorius und den Waldburgs geherrscht hatte und dessen Herrschaft offenbar abrupt geendet hatte. Er las auch von der Sage vom schlafenden König, die wir aber leider nicht hören konnten, da die Waldburgs Heinz vom Holzhausen, der die Geschichte erzählen konnte, vor Jahren schon zum Schweigen gebracht hatten. Christian fand ebenfalls heraus, dass die merkwürdige Mühle schon seit Urzeiten im Besitz eines Müllers namens Schneider war, der offenbar von den Waldburgs in Ruhe gelassen wurde. Kein Wunder bei den ekelhaften Untermietern.
Die zusammengetragenen Informationen, einschließlich Gunts Bericht vom Abend des Brandes, wo er, in seiner Höhle ruhend und im Aufwachen begriffen, einen blauen Lichtblitz und Stimmen vernahm – es war von Freiburg die Rede – veranlassten den Seneschall, uns umgehend auf Selvas Spuren dorthin zu schicken. Selbstverständlich haben wir unsere Erkenntnisse über den schlafenden König und den Müller für uns behalten, schließlich müssen wir uns nicht noch unbeliebter machen, indem wir Fettnäpfchen suchen.
In den letzten Tagen hatte Gunt die Bekanntschaft eines anderen Kainsbruders gemacht, der sich Markus nennt und für einen Ahn der Gangrel ausgibt. Ob er wohl auch des Mittwochs mit Gunt und den Feen um das Feuer tanzt? Er macht nicht den Eindruck. Ein merkwürdiger Geselle, der sich ohne Zögern unserer Schicksalsgemeinschaft angeschlossen hat und der mit Sicherheit noch einige Geheimnisse zu bieten hat. Aber vielleicht ist ein neuer Gefährte nicht schlecht, zumal Lanos von Goldstein seit der Anklage mit anderen Aufgaben betraut ist und uns nicht mehr zur Verfügung steht.
Jetzt gab es nur noch eines zu tun vor unserer Abreise, denn wir haben dem Nekromanten einen Kranisch mit einer Mitteilung geschickt und auch prompt eine Antwort erhalten: Der Vogel tönte eine Einladung zu einer Ruine im nordwestlichen Wald aus seiner gebrochenen Kehle, bevor er auf dem Waldboden aufschlug. Gruselig.
Also baten wir um Aufschub und machten uns auf durch den Wald. Wir fanden die Ruine nach zwei Stunden, ein stilvolles, efeuumranktes Gemäuer.
Es war niemand dort zu sehen, doch erwachte die tote Ruine zu scheinbarem Leben, sobald wir das ehemalige Tor durchschritten hatten. Soldaten bewachten die Mauer, Bedienstete eilten über den Hof, die Gebäude waren in Schuss und hinter uns rasselte das Falltor zu Boden.
Wir wurden von einem Hauptmann begrüßt und aufgefordert, „den Meister“ zu finden. Da uns niemand sonst zur Kenntnis nahm und wir uns wohl frei bewegen konnten, machten wir uns auf die Suche. Wir entdeckten viele Räume, Arbeits-, Schlaf-, Essräume, Stallungen, Turmzimmer und ähnliches, ohne den Hausherrn zu finden. Die Angestellten konnten uns nicht wirklich weiterhelfen. Im Speisezimmer schließlich war er wohl erst vor kurzem gewesen und hatte den Raum zornig verlassen. Als wir die Tür zur Kapelle öffneten, fanden wir ihn. Er beschuldigte offenbar seine Frau, mit dem anwesenden Hauptmann der Wache untreu gewesen zu sein und war im Begriff sich umgehend dafür zu rächen, als plötzlich Feuer ausbrach. Einer von unseren Helden wollte die Frau noch retten, aber es half nichts, wir rannten wieder einmal um unser Leben. Der Hof bot Schutz vor den Flammen, bis wir ringsum eingeschlossen waren, selbst der Brunnenüberbau brannte. In unserer Not sprangen und kletterten wir in den Brunnenschacht, wo wir zum Glück einen weiterführenden Schacht fanden.
Nun ja, wir kamen vom Regen in die Traufe, so scheint mir. Wir folgten dem kurzen Gang bis in einen runden Saal, woraufhin sich die Wand hinter uns schloss. Gefangen! Der Saal war leer bis auf ein Podest mit riesigen Fußabdrücken oben drauf und einer vorn angebrachten Schale, die Blut spendete. Im Karree standen vier steinerne Chimären, die uns mit ihren Adleraugen anzublicken schienen. Vier Gänge gingen zwischen zwölf und drei Uhr davon ab, die wir jetzt erkundeten.
Der linke Gang gabelte sich nach einer Weile, wobei der eine Abzweig in einer Flammenwand endete. Der andere führte an einer Art Laborraum vorbei und endete wieder im runden Saal. Das Labor war mit Kräutern, Essenzen und alchimistischen Gerätschaften ausgestattet, manche waren mir sogar bekannt. Aber mit der kleinen Bibliothek konnte selbst Christian nichts anfangen, völlig unbekannt war ihm diese Schrift. Rechter Hand befand sich ein Sarkophag, auf dem ein lebensecht wirkende, steinerne Figur in Ketten lag. Unsere Versuche, die Statue zum Leben zu erwecken scheiterten daran, dass das Blut aus dem Saal sofort vertrocknete, wenn man es aus dem Raum entfernen wollte. Und mein Blut war wohl nicht gut genug…
Der dritte Gang führte an einem weiteren Raum vorbei und führte ebenfalls zurück in den Saal. Hier gab es inmitten eines rechteckigen Raumes mit Schachbrettmuster ein Podest mit einer Truhe darauf. Gunt und Markus machten die bittere Erfahrung, dass Bestien erschienen und einen angriffen, wenn man die Felder überschritt. Bevor sie in Raserei verfielen, kämpften gegen Wölfe, Bären, Ritter, Kriegsghule und ein ekelhaftes Werwesen, bevor sie die Flucht ergriffen. Zum Glück blieben die Bestien im Raum, sonst wäre es wohl um Christian und mich geschehen gewesen…
Auf diese Weise mussten wir uns nur vor unseren rasenden Kameraden in Acht nehmen, die zielstrebig zur blutgefüllten Schale stürzten. So ging es wohl nicht, also setzten wir uns auf den Hosenboden und dachten noch einmal nach: Wenn die Kreaturen erschienen, sobald ein einmal betretenes Feld wieder verlassen wurde, hmm, hilft es vielleicht, die Felder nacheinander mit Gegenständen zu beschweren… Gesagt, getan. Wir holten uns Folianten aus der Bibliothek und deponierten sie auf dem ersten Feld, als mir ein Zettel entgegenflatterte. Offenbar handelte es sich um einen verschlüsselten Sinnspruch, den Christian mit Gunts Hilfe (!) unter einigen Mühen entschlüsseln konnte:
Opfert den Quell des Lebens / und die Wunder von Mutter Natur / zeichnet Euch mit der entstandenen Mixtur / und entfesselt die Bestie / mein Rat / kniet nieder und geht ihm aus dem Weg / oder Ihr werdet vernichtet / er wird nun das Tor öffnen welches bisher geschlossen war / doch Ihr habt nur wenig Zeit / ich wünsche Euch viel Glück
Nach kurzer Beratung mischten wir Blut aus der Schale mit den Kräutern aus dem Labor in einer alchimistischen Schale und salbten uns damit zu unserem Schutze. Dann befreiten wir unter großen Mühen den steinernen Mann von seinen Fesseln, woraufhin er sich selbsttätig aufsetzte. Er musste aber doch noch zu seinem Podest getragen werden, wo Gunt ihn in seine Fußstapfen setzte. Jetzt flößten wir ihm von dem Blut ein und seine Augen leuchteten kurz auf – doch sonst geschah nichts. Erst als wir die Chimärenstatuen so unter großem Ächzen mitsamt ihren Sockeln umdrehten, dass sie alle auf den großen Mann blickten, war uns Erfolg beschieden. Bekam er nun Blut eingeflößt, leuchteten erst seine und dann die Augen der Chimären auf, deren Blicke sich in des Mannes Herz kreuzten. Sie blickten nun drohend und prüfend umher, um uns kniend und gesalbt vorzufinden. Daraufhin sprangen sie von ihren Sockeln und rasten immer zu zweien in die Gänge, nur „die Bestie“ sprang brüllend vom Sockel und rannte zielstrebig zum Schachbrettzimmer. Dort schlossen die Chimären wohl auf, denn es war wilder Kampfeslärm aus dem Raum zu hören. Dort angekommen sahen wir, wie die Fünf wild gegen die versammelte Schar der Bestien kämpfte. Der Mann schlug schließlich mit einem einzigen Schlag des Kriegsghulen die Köpfe ab und tötete auch das Werwesen. Dann öffnete er die Truhe und legte einen zum Vorschein kommenden Hebel um.
Ein Rumpeln und Poltern war zu hören und Steine brachen aus der Decke. Wir rannten, wieder einmal, immer scheinen wir zu rennen und zu fliehen, wir rannten in Richtung der Flammenwand, die nun tatsächlich verschwunden war. Schnell durch den Gang erreichten wir einen kleinen Raum, an dessen rechter Wand eine Person an der Wand aufgehängt war wie ein Ketzer im Folterkeller. War das er? Der angeblich Ermordete? Ich schnitt ihn von der Wand, während Christian ihm etwas Blut einflößte und weckte. Er erzählte später, er sei von seinem Vorgesetzten auf unsere Spur gesetzt worden und habe die Ruine gefunden. Er hat sich wohl im Schachbrettzimmer vergnügt, bis er vor lauter Wunden das Bewusstsein verlor.
„Habt Ihr es endlich geschafft?!“ So wurden wir vom „Meister“ begrüßt, der ironische Unterton war nicht zu überhören. Man muss ihm zugute halten, dass er uns mit wertvollen Informationen versorgt hat, nachdem er seinen Spaß mit uns gehabt hat, und unsere wilden Vermutungen in den richtigen Zusammenhang gebracht hat.
Sanos Robinius war ein römischer Tribun (an den er sich aus seiner Jugendzeit kaum noch erinnert, erzählt der Nekromant), der vor kainitischen Intrigen in Rom in den Norden geflohen war. Er wollte hier in Speyer ein eigenes Königreich errichten, was ihm auch ohne Gegenwehr gelungen ist. Er galt als harter, aber gerechter Herrscher, der versuchte, möglichst viele mächtige Kreaturen hier anzusiedeln und zu seinen Verbündeten zu machen. So auch mit den von Waldburgs.Er experimentierte auch mit Magie und hatte einen Bund mit einem Dämon geschlossen, der ihm angeblich auch in Freundschaft verbunden war. Einige hundert Jahre später kam auch Gregorius nach Speyer.
Robinius plante ein außerordentliches Ritual, das ihm gottgleiche Macht schenken sollte und opferte zu diesem Zweck viele Sterbliche. Hierdurch entstand die Sage von der toten Legion im Wald. Jedoch hatte Gregorius die Waldburgs zu einem Komplott angestiftet und es gelang ihnen, Robinius und seinen Dämon im Augenblick ihrer größten Schwäche während des Rituals gefangen zu nehmen und einzukerkern. Sie trennten die beiden und schlugen sie in Eisen. Beide Gefängnisse waren vor dem Dämon sicher, dem es mit seinem menschlichen Wirt nicht möglich war, den lebensfeindlichen Tunnel zu durchschreiten. Und fortan herrschten Gregorius von Speyer und seine Sippschaft…
Der Nekromant sprach auch von einer grausamen Herrscherin im fernen „Ägypten“ vor tausenden von Jahren, die zu größter Macht gelangt war und ihresgleichen suchte. Sie begab sich vor 5.000 Jahren zur Ruhe. Einmal wurde bereits (von Robinius?) ihre Erweckung versucht, doch wurde sie verhindert. In zweieinhalb Monaten wieder stehen die Sterne richtig, da ein Gestirn nach tausenden von Jahren wieder am nächtlichen Himmel erscheinen wird, in gleißender Helligkeit, und alle Kainskinder, die das Licht schauen, werden sterben.
Leider verlangte unser neuer Auftraggeber auch von Christian und mir, die wir sein Blut noch nicht gekostet hatten, ein Blutsband. Er versprach jedoch, uns nicht zu hintergehen und den Bund nicht zu missbrauchen. Wir waren uns einig, dass die Erweckung der grausamen Königin Tod und Verderben über die ganze Welt und auch uns Kainskinder bringen würde. Zunächst nutzen wir die Kutschen der Waldburgs und werden nach Freiburg reisen, um dort nach Robinius und Selva zu suchen. Ob der alte König noch ganz bei Verstand ist? Das hängt nicht zuletzt damit zusammen, wer jetzt die Kontrolle inne hat – der König oder der Dämon. Und Selva? Ist er doch ein dunkles Bündnis eingegangen oder hat der Dämon ihn einfach nur benutzt und Besitz von ihm genommen? Fragen über Fragen.
Auf jeden Fall müssen wir uns eilen, die Kutschen warten schon. Wir werden unbekannte Orte sehen, „Marseille“ und „Madrid“, Orte, von denen ich noch nie gehört habe. Ob es dort wohl Ravnos gibt? Bestimmt, denn uns gibt es überall, wo es Fahrende gibt. Ich bin gespannt, wohin uns die Strömungen der Zeit tragen.
Freiburg in Nöten (27.01.08)
Eilends tragen die Kutschen die schlafenden Kinder der Nacht durch den Tag. Erst in der Nähe von Karlsruhe machen wir nächtens Halt und amüsieren uns ein wenig bei der Jagd, während die Kutscher schlafen. Gunt ist Glück beschieden und er holt einen riesigen Hirsch aus dem Wald, den wir anschließend für die Kutscher braten. Aber Kaninchen sind auch nicht zu verachten. Kurz vor dem Morgengrauen kommen 3 Reiter auf die Lichtung und bieten uns ihren Schutz an, was wir dankend ablehnen. Christian, der mit ihnen gesprochen hat, erzählte später, es habe sich wohl um Kreuzritter gehandelt. Offenbar haben sie daraufhin das Interesse verloren, wir haben sie zumindest nicht mehr gesehen.
Das nächste Mal erwachten wir kurz vor Freiburg, wo Silvio halten ließ, bis wir bereit sein würden, die Stadt zu betreten. Wir beschlossen, inkognito aufzutreten, Markus, Tobias und Christian veränderten ihr Aussehen auf die ihnen eigene, merkwürdige Art. Tja, und ich würde als Christians Bedienstete reisen. Nur Gunt machte mir Sorgen, aber Dank einer kleinen Rasur (jaja, diese Anfälle von Raserei…) in Kombination mit seiner riesigen Kutte konnten wir das Schlimmste verbergen.
Es war wirklich erstaunlich, schließlich müsste Freiburg so etwa 1.000 Seelen beherbergen, aber einmal in der Stadt angekommen, sahen wir keine Menschenseele. Die Straßen waren kurz nach der Abenddämmerung schon total verwaist, die Häuser dunkel, sogar die Wirtschaft war geschlossen. Hier würde ich wohl keine Fahrenden zu erwarten haben. Stattdessen traf mich fast der Schlag, als wir den Marktplatz erreichten. Die Männer dort trugen die Uniform der privaten Garde der Inquisition!!! Welche Prüfung stand uns hier bevor? Schnell fuhren wir an den qualmenden Scheiterhaufen vorbei, um das Kloster zu erreichen. Schließlich hat uns der Seneschall keine Kontaktpersonen genannt und uns nur das Kloster zur Unterkunft empfohlen. Gunt und Tobias wurde das Pflaster zu heiß, sie machten sich auf, die Palisaden zu erklimmen und sich einen Unterschlupf im Wald zu suchen.
Wir anderen drei ließen uns jedoch im Kloster nieder, wo den Herren („Bruder Andreas“ und „Bruder Lukas“) einfache Zimmer angeboten wurden, ich selbst bekam meinen Platz im Stall. Wir wurden von einem Mönch ins Refektorium geführt, bewirtet und nach dem Stand der Dinge in Speyer befragt.
Anschließend brachen wir zu einer kleinen Nachtwanderung durch die schlafende Stadt auf, denn Christian hatte wohl im Vorbeifahren ein Haus entdeckt, das seine Aufmerksamkeit erregte. Wir tappten durch eine unattraktive und abstoßende dunkle Gasse, bis wir schließlich ein scheinbar unbewohntes und verfallenes Haus erreichten. Trotz allem klopfte Christian an die Überreste der Tür und bat laut und deutlich um Einlass; er sprach unsere Kainsbrüder tatsächlich direkt an. Nach einiger Zeit öffnete ein sehr verängstigter Greis, der uns aber nach kurzem Gespräch hereinbat.
Kaum hatten wir den Raum betreten, als riesige schwarze Tentakel um uns herum wie pechernes Feuer aufloderten und uns umzingelten. Ein Schatten wuchs am anderen Zimmerende zu riesigen Ausmaßen und sprach uns mit hohler Stimme an: Wir sollten uns erklären und berichten, woher wir kämen und was wir in dieser Stadt erreichen wollten. Wiederum sprach Christian für uns drei und gab einen sehr verkürzten Bericht der Dinge, die wir in den letzten zwei Wochen erlebt haben. Selbstverständlich unter Auslassung einiger unwichtiger Details, denn einfältig ist er nicht, unser Gefährte. Die andere Seite wars wohl zufrieden, denn die Tentakel verschwanden und der Schatten verwandelte sich in einen stattlichen Mann. Er stellte sich als Christian Maximilian von Droste-Hülshoff vor, Primus der letzten verbliebenen Lasombra der Stadt. Freiburg war wohl seit jeher ein Zankapfel der Lasombra und der Ventrue gewesen, die je Teile der Stadt beherrschten und ständig um die Vorherrschaft rangen. Vor ein paar Tagen kamen drei Fremde in die Stadt, deren Beschreibung wunderbar auf Robinius, seinen Ghul bzw. Dämon und den armen Selva Gouldor passt. Sie nahmen sofort Kontakt zu den Ventrue auf und von diesem Zeitpunkt an brachen die Konflikte zwischen den Clans gehäuft und vollkommen unverschleiert auf den Straßen aus. Wer kein direktes Opfer der Ventrue wurde, wurde von der auf dem Wege nach Speyer hier rastenden heiligen Inquisition ausgeräuchert, der die finsteren Vorgänge nicht verborgen blieben. Die Ventrue haben es gewagt, die Maske der Verborgenheit förmlich herunterzureißen und ihre Kainsbrüder an die Inquisition zu verraten. Die letzten vier Lasombra saßen jetzt innerhalb der Mauern der Stadt fest, während die Ventrue sich in ein Versteck im Wald zurückgezogen hatten.
Mme Anna war einen Tag nach den Dreien in Freiburg angekommen und sprang schon in der kommenden Nacht als brennende Fackel aus dem Fenster ihrer Logis. Die Drei wurden offenbar in der Nacht vor unserer Ankunft zum letzten Mal gesehen.
Wir beschlossen, die Stadt so bald wie möglich zu verlassen und gingen auf die Bitte der Lasombra ein, sie ein Stück des Weges mitzunehmen. Man verfiel auf die Idee einer römischen Depesche, die unsere hastige Abreise erklären sollte. Ich sandte Gunt und Tobias ein Käuzchen, sie zu warnen und zur Stadt zurückzuholen.
Im Kloster erwartete uns Aufruhr: Der hilfreiche Mönch wankte durch die Räume und rief, er trage die Wundmale Iesu. Tatsächlich blutete er irgendwie in den Handflächen. Durch das Geschrei wurden leider auch die Männer der Inquisition aufgescheucht, die den Mönch in Gewahrsam nahmen und umgehend einen Exorzismus einleiteten. Anschließend sollten Untersuchungen getätigt und jeder befragt werden, der Kontakt zu dem armen Sünder gehabt hatte. Was für ein Pech! Nun würde unsere Depesche nicht ausreichen, denn der Inquisitor wollte zuerst den Exorzismus beenden und sich das Schreiben dann ob der Eile gleich bei Morgengrauen zu Gemüte führen…
Nach einiger Übung schaffte es Markus, sich mit Hilfe seiner Kräfte in ein Abbild des Anführers der hlg. Inquisition zu verwandeln. Sie veranstalteten einen Trick vor dem Zimmer, in dem die Austreibung sehr lautstark vonstatten ging, den ich gerne besser verstehen würde. Vielmals habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wie manche Kainsbrüder offenbar die ganze Zeit anwesend waren, obwohl man sich einfach nicht an sie erinnern kann, wenn man sich an die Gespräche zurückerinnert. Mein Kopf funktioniert noch sehr gut! Andere Male war man allein unterwegs und die anderen wissen doch ganz genau, was man währenddessen getan hat. Natürlich gibt es für alles eine ganz normale Erklärung… Aber ich rieche einen Trick – und meine Nase hat mich noch nie getrogen. Wie dem auch sei, Christian klopfte leise an der Tür und anscheinend kam der Inquisitor heraus, um sich doch schon die Depesche anzusehen. In der Gegenwart der betenden Mönche gab uns der falsche Inquisitor die Erlaubnis und Anweisung, unverzüglich nach Rom aufzubrechen.
In Windeseile machten wir die Kutschen fertig und eilten dann, die Lasombra abzuholen. Unterwegs ereilte uns die Nachricht, dass Freiburg von burgundischen Truppen umstellt sei. Es wurde Alarm ausgerufen und die Stadttore verriegelt. Nur Dank der Lasombra, denen ein kleineres Nebentor bekannt war, das sie für uns öffneten, entwischten wir in letzter Sekunde, bevor sich der Belagerungsring um die Stadt schloss.
Es war schon fast hell, als wir schließlich in den dahinratternden Kutschen zur Ruhe kamen. Wir mussten zuerst ein wenig Abstand gewinnen, bevor wir uns um unsere Brüder kümmern konnten, die so Kain will, noch nicht den Ventrue in die Hände gefallen sind. Ich hatte nicht lange geruht, als ich von Markus wildem Strampeln und Toben geweckt wurde. Offenbar wurde er von einem Alp gequält, denn er wand sich, das Blut stand auf seiner Stirn und es war mir nicht möglich, ihn zu wecken. Den ganzen restlichen Tag hielt ich ihn mit Christians Hilfe in Schach war dann abends entsprechend geschafft. Nicht auszudenken, wenn er in seinem Wahn die Vorhänge heruntergerissen hätte!